Als im Februar 1977 der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht überraschend verkündet, in Gorleben ein „Nukleares Entsorgungszentrum“ errichten zu wollen, formieren sich umgehend Proteste gegen diese Entscheidung. Proteste, die das Wendland 36 Jahre lang prägen werden, bis 2013 schließlich die Erkundung gestoppt wird.
Doch lassen sich die Proteste auch heute, fast 40 Jahre nach der Räumung des Hüttendorfs „Republik freies Wendland“, 7 Jahre nach dem letzten Castortransport, vor Ort sehen? Was ist übrig geblieben vom jahrzehntelangen Kampf der Anwohner gegen das Endlager und den Demonstrationen, zu denen zehntausende Atomgegner ins Wendland kamen? Gibt es überhaupt noch Zeichen? Diese Fragen waren leitgebend für meine fotografische Arbeit vor Ort. Daraus entstanden ist eine Serie aus 6 sachlich-distanzierten Fotografien, die diese Suche nachzeichnen soll.
Gleichzeitig soll die Arbeit indirekt die Frage stellen, wie wir gesellschaftlich und politisch mit Projekten umgehen wollen, die für die Mehrheit der Bevölkerung zwar positive, für die wenigen Anwohner jedoch negative Konsequenzen haben. An Windkrafträdern, zusätzlichen Landebahnen oder neuen Stromtrassen entzündet sich häufig unerbittlicher Widerstand von Anwohnern. Und auch wenn die Endlagerfrage mit dem Erkundungsstopp und dem Atomausstieg in den letzten Jahren mehr und mehr aus der medialen Berichterstattung und dem gesellschaftlichen Diskurs verschwunden ist; das Problem besteht weiter. Die aktuell genutzten Zwischenlager sind bei einer Halbwertszeit von mehreren hunderttausend Jahren nur eine temporäre Lösung. Deshalb soll die Suche nach einem geeigneten Endlager nun neu begonnen werden. Die Proteste auch?
1. Preis, Wettbewerb "Was ist Demokratie?", mit Ausstellung im Abgeordnetenhaus Berlin und Katalog.